Gottesdienst Kantate 10.Mai 2020
von Pfarrer Matthias Schmidt
Musik: Uta u. Udo Follert, Irmgard Graf, Anton Hirschmüller, Christian u. Matthias Schmidt, Markus Stürzenhofecker, Annelie Pircher, Rainer Werries

Ablauf des Gottesdienstes als PDF

Liturgie Kantate 2020a.pdf (100,1 KiB)
MUSIK zu Beginn: Pachelbel „Allein zu dir, Herr Jesu Christ“

Gruß zu Beginn

Liebe Mitfeiernde, herzlich willkommen an diesem dritten Sonntag nach Ostern!

"Singet", so heißt sein lateinischer Name.

Es ist schon skurril, denn gerade das darf heute hier nicht geschehen. Die wieder gestatteten öffentlichen Gottesdienste in unseren Kirchen müssen bis auf Weiteres auf gemeinsamen Gesang verzichten. Es ist gut, dass wir Menschen in der Kirchengemeinde haben, die das stellvertretend für uns tun. Dieser Gottesdienst möchte uns dazu bringen, in den Herzen ein Loblied anzustimmen. Wenn Sie nach Haus gehen, ist es ja wieder erlaubt zu singen. Mögen Sie dann ein frohes Lied auf den Lippen haben!

 

LIEDRUF: „Singet dem Herrn“ (U.Follert)

Psalm 98

Singet dem Herrn ein neues Lied,
denn er tut Wunder.
Er schafft Heil mit seiner Rechten
und mit seinem heiligen Arm.
Der Herr lässt sein Heil kundwerden;
vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.
Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel,
aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Jauchzet dem Herrn, alle Welt,
singet, rühmet und lobet!
Lobet den Herrn mit Harfen,
mit Harfen und mit Saitenspiel!
Mit Trompeten und Posaunen
jauchzet vor dem Herrn, dem König!
Das Meer brause und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Die Ströme sollen frohlocken,
und alle Berge seien fröhlich vor dem Herrn;
denn er kommt, das Erdreich zu richten.
Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit
und die Völker, wie es recht ist.
KANON EG 335: “Ich will den Herrn loben allezeit“

Gebet

Schöpfer des Himmels und der Erde,
dich preisen alle deine Werke.
Wir bitten dich:
Lass uns nicht stumm bleiben unter deinen Geschöpfen,
wecke unsere Sinne,
mach unser Leben zu einem Lobgesang
auf deine wunderbare Macht und Güte.
Erhöre uns durch Christus, den Auferstanden! Amen.

Evangelium aus Matthäus 21,12-17a

Und Jesus ging in den Tempel hinein und trieb heraus alle Verkäufer und Käufer im Tempel und stieß die Tische der Geldwechsler um und die Stände der Taubenhändler und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben »Mein Haus soll ein Bethaus heißen«; ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus.
 
Und es gingen zu ihm Blinde und Lahme im Tempel und er heilte sie.
Als aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder, die im Tempel schrien: Hosianna dem Sohn Davids!, entrüsteten sie sich und sprachen zu ihm: Hörst du auch, was diese sagen? Jesus antwortete ihnen: Ja! Habt ihr nie gelesen »Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet«?
Und er ließ sie stehen und ging zur Stadt hinaus.
LIED EG 341 „Nun freut euch liebe Christen“

Predigt Mt 21,12-17a

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und unserem Herrn und Heiland, Jesus Christus! Amen.
 
Liebe Gemeinde,
nach etlichen Wochen feiern wir heute das erste Mal wieder gemeinsame Gottesdienste in unseren Kirchen und Gemeindehäusern. Die Zeit der „Kirchenabstinenz“ hat an allen Orten Fragen aufgeworfen. Nicht nur, wie lange wir sie nicht mehr öffentlich nutzen dürfen, sondern auch tiefere Fragen danach, wozu sie gut sind, ob und welcher Art Gottesdienste heute bei den Menschen gebraucht werden.
Wenn das Gewohnte nicht mehr stattfindet, entsteht eine Distanz, die ganz anders sehen lässt. Wenn diese Zeit nicht nur kurz anhält, beginnen die Gedanken doch eine weiter gespannte Reise. Wozu haben wir unsere Kirchen? Welche Formen des Gottesdienstes werden gebraucht? Wer braucht Gottesdienste heute eigentlich? … Gott? … Menschen? … Welche besonders?
 
Es ist gut, dass wir heute die Geschichte von Jesu Besuch im Tempel hören. Sie erzählt uns von den Gefährdungen einer Glaubensinstitution aber auch von ihrer wunderbaren Chance.
 
Die Erzählung von Jesu Besuch im Tempel fordert uns in unserer besonderen Situation heraus zu sehen und nachzudenken. Wir werden heute sicher damit nicht fertig werden. Dennoch lade ich uns ein, in beiden Richtungen das zu tun.
 
Jesus macht beim Betreten des Tempelbezirkes deutlich, was eine Institution des Glaubens nicht werden darf: „Ihr habt aus dem Bethaus eine Räuberhöhle gemacht.“ spricht er und greift sogar in das Tempelgeschehen ein. „Ihr habt sie zum Selbstzweck umgestaltet, mehr noch: zu einer Machtzentrale, die anderen gewaltsam das entzieht, was sie für ihr Leben brauchen.“
 
Ich möchte heute nicht eine Kirchenschelte betreiben, die immer wieder von dieser Bibelstelle aus geführt wurde.
In unserer Zeit der Kirchenabstinenz, wie sie so in der Geschichte wohl noch nicht vorgekommen ist, heißt es dennoch nachdenken. Manches wird sichtbar, wo wir als Kirche zum Selbstzweck geworden sind.
Ich vermisse z.B., dass die Kirchen ihre Bitte um eine Erlaubnis, traditionelle Gottesdienste wieder anzubieten, nicht explizit begründet haben, mit dem, was Menschen gegeben werden soll, sondern vielmehr auf ihren Verfassungsanspruch gedrungen haben.
Ich nehme wahr, wie Kirchenämter (und da schließe ich mich als Pfarrer mit ein) zu oft stellvertretend für Kirchengemeinden handeln, ohne Nachfrage bei den Menschen vor Ort Formate definieren, Gemeinden mit unzähligen Weisungen, Verordnungen und Ratschlägen versehen, die dann als Schreibtische vor den Kircheneingängen zu stehen kommen.
Das können Signale sein, die uns aufmerken und nachfragen lassen, wie sehr unsere Institution Selbstzweck geworden ist.
Eröffnet sie Menschen noch heilsame Begegnung mit Gott oder ist sie ein Marktplatz auf dem es um Gewinn und Herrschaft geht?
 
Wenn der Markt geschlossen ist, denken die Händler darüber nach, ob ihr Angebot und ihre Strategie stimmt. Das kann auch uns gut tun. Unsere Kirchen werden wohl über längere Zeit nicht wieder so öffnen, wie es bisher war.
 
Als Gemeinde haben wir also jetzt eine ganze Zeit nachzudenken und wir können einander gut dazu einladen. Ich bin sehr gern dabei und gespannt, was uns einfällt.
 
So erschreckend wie der Besuch von Jesus im Tempel beginnt, er wendet sich ins Gegenteil. Jesus kehrt nicht um, nachdem er die Tische der Händler umgeworfen hat. Er wendet sich mit seiner Kritik gegen verkehrte Verhältnisse, gegen Sachen, aber nicht gegen Menschen. Er geht mitten in das pervers gewordene Gotteshaus hinein und heilt Blinde und Lahme. Er hilft Menschen wieder zu sehen und bringt sie neu in Bewegung.
 
Die Angst, dass ein zweckentfremdetes Gotteshaus Gott aus dem Leben herauszuwerfen vermag, wird uns in diesem Evangelium genommen. Gott kommt zu den Menschen. Das lässt er sich nicht nehmen, nicht durch Macht und Geld, auch nicht durch Krankheit oder Resignation. Die Ängste um unsere Kirchen sind also völlig unbegründet.
 
Zugleich wird ihre Aufgabe damit klarer: Kirche sein heißt, die Hoffnung wahrnehmen und wach halten: Gott kommt durch Jesus Christus auch heute noch in diese Welt (wie verkehrt die Verhältnisse auch sein mögen)! Und sie hat dem Lob derer einen Raum zu geben, die das erfahren.
 
In der Oberlausitz, wo ich eine Weile Pfarrer war, gab es bei den traditionellen Dorfhochzeiten eine besondere Funktion: Die Familien des Hochzeitspaares beauftragten einen „Hochzeitsbitter“ - „Huxtbitter“ in ihrer Umgangssprache genannt. Er hatte die Aufgabe, alle Wünsche aufzunehmen, sie zu vermitteln und die Abläufe des Festes miteinander zu ordnen. Heute würde man ihn „Eventmanager“ nennen. Aber das kann seine wirkliche Aufgabe nicht beschreiben.
 
Die Menschen bedienten sich seiner, weil sie wussten: Unsere Interessen und Eigenarten können das gefährden, was stattfinden soll. Zwei Menschen wollen sich gut fürs Leben verbinden und alle, die teilhaben, sollen die Freude zur Sprache bringen.
 
Der „Hochzeitsbitter“ achtete darauf, dass ihnen ihre vielen Ansprüche und Bedürfnisse nicht zur Last oder gar zum Fallstrick wurden, die Hochzeit am Ende nicht zu Zerwürfnissen führte. Er hielt die Räume offen und lud ein, sich gut zu beteiligen. Er wusste: Über das Eigentliche habe ich keine Macht aber ich kann mit den Menschen nach Räumen suchen.
 
Das ist die Kunst, zu der Jesus uns anhält. Das Eigentliche haben wir nicht in unseren Händen, müssen es auch nicht tun. ER kommt, macht Blinde sehend und Lahme gehend, bringt Menschen dazu Gott neu zu loben. Wir können Räume offenhalten. Wo wir das tun, überlässt er uns. Er besteht nicht darauf, dass es in Jerusalem, in einem großen Dom oder sonst wo ist. „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich schon mitten unter ihnen.“
 
Lassen Sie uns gemeinsam danach suchen, wie und wo wir das bei uns unter teilweise sehr veränderten Bedingungen machen! Es ist unwahrscheinlich, dass es bei uns keine Wünsche, Hoffnungen und Loblieder mehr geben wird.
 
Der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus!
Amen.

 

LIED EG 302: „Du meine Seele singe“

Fürbittengebet

Gütiger und barmherziger Gott.
Wo du Menschen mit deinem Geist beschenkst, da sind Lob und Dank,
da breiten sich die Klänge der Freude und der Hoffnung aus.
 
Danke für die wunderbare Gabe der Musik, für Melodien, die unser Herz erheben, und Töne, die uns dir näher bringen.
 
Danke, dass es in unserem Land und unseren Kirchen Menschen gibt, die allein oder mit anderen gemeinsam dafür sorgen, dass diese kostbare Gabe uns ermutigt, stärkt, Lob und Klage Ausdruck und Gestalt verleiht.
 
Wir bitten dich besonders für alle, die diese Aufgabe beruflich oder ehrenamtlich wahrnehmen: Lass sie nicht verzagen in der Zeit, wo es an Gemeinsamkeit und Zuhörenden fehlt.
Hilf ihnen durch gute Ideen, durch Menschen und Institutionen, die bereit sind, sie zu tragen.
 
Wir bitten dich: Lass das Lob nicht verstummen!
Hilf, die Epidemie zu überwinden!
 
Wir bitten dich für alle, die keine Loblieder anstimmen können:
 
Für Menschen, die Trauriges erleben und Not haben, denen es die Sprache verschlägt, weil ihnen das Leben Angst macht.
 
Wir bitten dich für alle, deren Lebenslied nur aus wenigen Tönen besteht, weil sie auf der Stelle treten und nicht weiter kommen.
 
Wir bitten dich für die Menschen, die ihren Rhythmus verloren haben,
weil es keine Ordnung in ihrem Leben gibt, die ihnen entspricht.
 
Sei du ihnen allen mit deinem guten Geist nahe und berühre sie mit deiner Güte. Amen.
MUSIK: „Moosgrün“, Veeh-Harfen

VATERUNSER

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

SEGEN

(im Wechsel lesen)

Der Herr segne uns
  und behüte uns.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über uns
  und sei uns gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht über uns
  und schenke uns Frieden.

MUSIK zum Ausgang „Dance on a shattered mirror“